PhoXonik
Schall und Licht
Farbe durch Struktur ist ein weithin bekanntes Phänomen und findet sich in den leuchtenden Schillerfarben von Opalen und Schmetterlingsflügeln wieder. Diese intensive Farbe entsteht durch eine periodische und gut definierte Variation des Brechungsindexes in einem bestimmten Material. In den letzten Jahrzehnten wurden viele synthetische Ansätze realisiert, um diesen faszinierenden Färbungsmechanismus der Natur nachzuahmen.
Kolloidale Kristalle sind eine besonders geeignete Materialklasse, um solche Strukturfarben über den gesamten (sichtbaren) Spektralbereich zu realisieren. Monodisperse Latexpartikel der richtigen Größe fügen sich von selbst zu solch hochgeordneten dreidimensionalen Systemen zusammen. Daher werden sie oft als photonische Kristalle bezeichnet. Neben ihrer ästhetischen Schönheit sind kolloidale Kristalle auch auf ihre Anwendung als Sensoren oder Wellenleiter untersucht worden, um nur zwei Beispiele zu nennen.
Bei der Verwendung von kolloidalen Partikeln, die kleiner als die Wellenlänge des verwendeten Lichts sind, wird jede einfallende elektromagnetische Strahlung jedoch kaum durch die Brechungsindexvariation beeinflusst. Wir haben diese Eigenschaft gezielt für die Entwicklung von Antireflexbeschichtungen genutzt, die auf einer einzigen Schicht (sog. kolloidale Einzellage) aus Polystyrolpartikeln unter 200 nm auf einem Glassubstrat basieren. Solche nicht dicht gepackten kolloidalen Einzellagen können mittels Kolloidlithographie in einer Vielzahl von nanostrukturierten Materialien verwendet werden, den sogenannten plasmonischen Nano-Arrays.
Interessanterweise besitzen kolloidale Kristalle auch einen periodischen Kontrast ihrer Dichte auf der Längenskala von einigen 100 nm. Daher können kolloidale Kristalle auch mit mechanischen (akustischen) Wellen im Hyperschall-Regime in der gleichen Weise wechselwirken wie photonische Kristalle mit elektromagnetischer Anregung. Folglich werden diese kolloidalen Überstrukturen als phononische Kristalle bezeichnet. Die Kombination beider Eigenschaften in einem einzigen Material führt zu dem Begriff PhoXonik, wobei X ein "t" oder "n" sein kann. In mehreren Arbeiten mit Prof. Fytas (MPI für Polymerforschung) konnten wir eine Reihe interessanter phononischer Eigenschaften beobachten, wobei wir zwei Arten von Bandlücken in einem flüssigkeitsinfiltrierten phononischen Kristall identifizieren konnten: eine kann der kristallinen Struktur und Ordnung, die andere der Schwingungseigenfrequenz der konstituierenden Latexpartikel zugeordnet werden. Solche Eigenmoden können durch das morphologische Design des kolloidalen Partikels weiter verfeinert werden. Die Messung richtungsabhängiger Schallgeschwindigkeiten in modernen Hybridmaterialien erlaubt außerdem die Bestimmung richtungsabhängiger mechanischer Eigenschaften. Dadurch sind ungeahnte Einblicke in die Anisotropie strukturierter Materialien möglich und erlauben so ein besseres Verständnis für das Zusammenspiel zwischen mechanischen Eigenschaften, Struktur und Wärmetransport.
Wir forschen an photonischen und phononischen Fragestellungen, um strukturierte Materialien besser zu verstehen. In aktuellen Arbeiten widmen wir uns verstärkt der Verknüpfung dieser verschiedenen Eigenschaftsprofile, also der Frage wie durch gezielte Strukturierung sowohl optische Eigenschaften bis in den mittleren Infrarotbereich kontrolliert werden können und gleichzeitig die mechanischen und thermischen Eigenschaften richtungsabhängig beeinflusst werden.